Mittwoch, 19. Dezember 2007

Der Goldene Kompass - Filmkritik

Da "Der Goldene Kompass" zusammen mit den beiden Nachfolgern "Das magische Messer" und "Das Bernstein-Teleskop" zu den besten Büchern gehört die ich je lesen durfte war ich natürlich irre gespannt auf die Verfilmung. Würde auch in der Verfilmung erkennbar sein das die Welt von Philip Pullman origineller, tiefgründiger und faszinierender als die von Mrs. Rowling und Mr. Tolkien ist?

Um es kurz zu machen: Nein. Das gelang leider nicht. Warum, kann ich in den folgenden Zeilen erklären.

Kurzfassung der Geschichte: (Wikipediaeintrag)
In einer Welt, die der unseren sehr ähnlich ist, lebt Lyra mit ihrem Dämon (einer Manifestation der eigenen Seele in Tiergestalt) Pantalaimon im Jordan College. Gerade als ihr Onkel, Lord Asriel, aus dem Norden zurückkehrt, um Visionen von Parallelwelten der herrschenden Kirche zu unterbreiten, verschwinden in der Gegend immer mehr Kinder. Man hört schreckliche Gerüchte über die Entführer - sie sollen den Kindern ihre Dämonen entreißen. Auch Lyras Freund Roger ist unter den Verschwundenen. Sie will sich unbedingt auf die Suche nach ihm machen und in den Norden reisen, aber da ist noch die geheimnisvolle und faszinierende Mrs. Coulter. Diese verspricht, Lyra mit in den Norden zu nehmen. Und dann gibt es noch dieses seltsame Alethiometer, das der Rektor Lyra gegeben hat und von dem er sagte, wenn es richtig gelesen würde, sage es immer die Wahrheit. Lyra gerät immer mehr zwischen die Fronten und macht sich schließlich auf, in den Norden zu reisen.

Was ist gut:
Die Schauspieler, die Musik, die Spezialeffekte, alles wunderbar. Viele Szenen des Buches wurden sehr gut umgesetzt und durchaus mit Liebe zum Detail verfilmt.

Was ist schlecht:
Der Film hetzt buchstäblich von einem Schauplatz zum nächsten ohne sich wirklich einmal Zeit zu lassen. Fast jede Figur bleibt oberflächlich und man hat stets den Eindruck nur die Einführung zu etwas Größerem zu sehen. Tatsächlich würde der Film also als Prolog durchaus gut funktionieren, wäre da nicht die dumme Geschichte die zu erzählen ist.
Wer das Buch nicht gelesen hat wird sich über die Banalität des Ganzen wundern. Lyra sucht ihren verschwundenen Freund, findet und rettet ihn und bricht dann mit eben diesem Freund auf um ihren Vater zu retten. Fertig.
Warum fehlt beispielsweise Lyras Erkenntnis, dass die Mitarbeiterinnen im Laboratorium Bolvangars (im Buch sehr wohl als eine Art Nonnen zu erkennen) schon "bearbeitet" wurden und keine Daemonen mehr besitzen? Warum fehlt ihre Unterhaltung (vor der Befreiung Ioreks) mit dem Botschafter der Hexen bei der ihr ein Teil der sie betreffenden Prophezeiung offenbart wird? Und warum fehlen die letzten drei Kapitel???
Das alles weiß wohl nur der Regisseur Chris Weitz. Sollte er beabsichtigt haben, ähnlich wie beim zweiten Teil des Herrn der Ringe, für den nächsten Film einen fulminanten Auftakt zu haben? Den hätte er dann nämlich. (Lyra wird ihren mühselig geretteten Freund zu ihrem Vater Lord Asriel bringen und dieser hat dann nichts besseres zu tun als Roger zu töten um durch die dadurch freigesetzte Energie (oder so ähnlich halt) in ein anderes Universum reisen zu können. Dieser Mord bzw. die Kinderlandverschickung zu ihm ist mit der "Bösen" Mrs. Coulter abgesprochen, und Lyra erfährt erst jetzt die größeren Zusammenhänge, erkennt das ihr Vater Vorhat in den Krieg gegen die größte Autorität zu ziehen...Gott.)

Hier übrigens eine der letzten Szenen, entommen der Spielfassung des Films. Offensichtlich wußten die Mitarbeiter der Spielfirma nichts vom finalen Schnitt.





Nun, ursprünglich gab es ja einen ganz anderen Drehbuchautoren. Tom Stoppard, Oscar-Preisträger und Autor der hervorragenden Verfilmung des "Russland Hauses", sollte das Drehbuch verfassen, wurde aber entlassen weil seine Fassung angeblich zu viele "philosophische Diskussionen von alten Männern mit Bärten" beinhaltete. Daher übernahm Regisseur Weitz selbst die Umsetzung. Aber auch seine vorläufige Bearbeitung enthält noch die letzten Kapitel sowie weitere Szenen. Erst in einer dritten Version verschwand alles.
Im Internet fand ich nun diese sehr interessante Analyse der verschieden Drehbuchfassungen. Allerdings bin ich nun auch nicht wesentlich schlauer.

Fazit:
Guter Film. Und leider nicht mehr.
Denn er hätte brillant und fesselnd sein können.
Alles stimmte. Die Darsteller, das Team hinter der Kamera. Und die Hauptdarstellerin verdient ´nen Kinderoscar.

Aber das Fehlen so verdammt wichtiger Szenen lässt mich schaudern. Was zum Teufel haben sich die Verantwortlichen dabei gedacht den Film zusammengestückelt und lieblos werden zu lassen?
Ich bleibe zurück in der Hoffnung die DVD ist noch mindestens eine Stunde länger und die weiteren Teile mögen alles wieder "rausreißen"...andererseits halte ich den dritten Teil der Bücher weiterhin für nicht verfilmbar. Denn was dort passiert lässt die Schlacht um Mittelerde wie eine Wasserbombenschlacht unter Kindern wirken.

NACHTRAG:
Gestern sah ich nun in einer Buchhandlung eines der offiziellen Filmbücher inklusive Fotos. Und tatsächlich endet der Film hier ganz normal mit den letzten Kapiteln. Ich kenne ja leider den Vorlauf nicht, den diese Bücher sicher haben, aber wann genau wurde wohl die Entscheidung getroffen zu kürzen...?

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